Die Kastrations-Kampagne in Albesti vom 18. bis 20.02.2022 war unser erster Besuch an diesem speziellen Ort in der Küstenregion von Constanta.
Das Ziel war hoch: 216 Operationen innerhalb von drei Tagen.
Der Start war etwas harzig. Die örtlichen Behörden liessen uns erst am Morgen des 1. Kampagnentages in die Räumlichkeiten – wo wir feststellten, dass diese als Lagerraum benutzt wurden – so war erst Umräumen angesagt. Die erste Kastration des Tages fand darum erst gegen Mittag statt.
Das Wetter war windig, kalt und regnerisch. Während den gesamten drei Aktions-Tagen waren Wetterwarnungen für das Gebiet ausgegeben worden.
Trotzdem brachten zahlreiche Anwohner ihre Tiere - manche in Körben, manche in Säcken und manche in Schubkarren.
Unser Team ging ausserdem trotz Hudelwetter raus in die umliegende Region, um so viele Tiere wie möglich einzufangen und den Haltern und Betreuern zu helfen.
Wir waren ziemlich beeindruckt, dass so viele Leute mit Tieren auftauchten - auch unangemeldet. Um auch denjenigen zu helfen, haben wir hart gearbeitet.
Die ungeplanten «Gäste» sind nicht unüblich bei den Küstenkampagnen. Damit unsere Arbeitstage künftig besser planbar werden, arbeiten wir an der verbesserten Kommunikation mit unseren freiwilligen Helfern vor Ort.
Der erste Tag endete darum erst gegen 22:30 Uhr.
Das Kampagnenteam bestand aus:
Dr. Irina Corbu-Rudnic,
Dr. Mircea Stefanache und ihrem Kollegen George,
Tierarztstudent Alex Tanasescu,
Tierarzttechniker und unser lokaler Kontakt Ale,
Tierarztstudentinnen Delia Lungu und Cosmina
und
Dr. Anca Cruceru aus Medgidia
Maria, Alex und unser Wunderkind Arianna, Elena mit ihrer Freundin Claudia und ein weiterer Freund packten als freiwillige Helfer tatkräftig mit an.
Erwähnenswert ist die hohe Anzahl von weiblichen Katzen, die bereits läufig waren oder sogar im ersten Monat der Trächtigkeit (von rund 63 Tagen Tragzeit). Wir erwarten daher bis Ende März einen massiven Zuwachs von hochträchtigen oder frisch geborenen Katzen – was uns Sorge bereitet über unsere Möglichkeiten, die Zahl der Tiere zu begrenzen, die in diesem Frühjahr geboren werden.
Eine traurige Tatsache:
Durch den Klimawandel verschieben und verlängern sich die Paarungszeiten von Katzen und Hunden.
Somit steigt der Bedarf für schnelles und nachhaltiges Eingreifen, weil neugeborene Kätzchen und Welpen häufig einfach weggeworfen oder ausgesetzt werden.
Das Risiko überfahren zu werden oder Opfer von Infektionen und anderen Krankheiten zu werden ist enorm hoch – so ein Kätzchen hat wenig Aussicht auf ein warmes, sicheres Plätzchen oder gar ein richtiges Zuhause. Zudem wurden uns einige Wildfänge gebracht, die Folgeerscheinungen von Katzenschnupfen aufwiesen und die wir unter idealen Bedingungen operiert hätten. Für solche Operationen sind wir aber leider bei unseren Kastrationsaktionen nicht ausreichend ausgerüstet. Wie bei früheren Kampagnen hatten wir auch einen Fall einer älteren Hündin mit Brusttumoren die Ihr bei der Sterilisation entfernt wurden und ein Plattenepithelkarzinom und ein Zellkarzinom bei einer wilden Katze, die wir daher leider nicht behandeln konnten.
Wir arbeiten mit lokalen Freiwilligen daran, um diese Situation zu verbessern, damit wir auch in solchen Fällen künftig handeln und behandeln können.
14 wildlebende Tiere wurden von unserem Team im Umfeld eingefangen. In der Nähe befindet sich ein grösseres Gestüt. Einheimische haben uns darauf hingewiesen, dass sich in den Pferdeställen rund 200 Tiere aufhalten und durch diese geschützte Umgebung auch stetig vermehren. Die Organisation einer Kampagne im näheren Umfeld des Gestüts ist bei den kommunalen Behörden platziert.
Die Hunde aus der Umgebung sind relativ zutraulich, wir konnten einige von Hand einfangen.
Unsere Kollegin Alexandra Tanasescu hat einen süßen Rüden von der Straße in Albesti gerettet. Er machte einen gepflegten Eindruck, aber trotz Nachfrage war niemand als Besitzer auszumachen. Also brachten wir ihn zurück ins SUST-Tierwaisenhospital Bukarest, wo wir versuchen ihm eine viel bessere Zukunft zu ermöglichen - in einer Familie, die sich um ihn kümmert, so wie es der gesunde, 5-6-jährige Rüde verdient.
Der zweite Tag der Kampagne hatte ein spektakuläres, intensives Ende.
Ein Kater, der am Morgen (ohne Termin) zur Kastration gebracht wurde, und darum erst als Nr. 94 des Tages am Abend zur Operation eingetragen wurde ist entwischt. Die Dame, die ihn brachte, verursachte einen ziemlichen Aufruhr, als sie um 19 Uhr hereinkam und sah, dass ihre Katze erst noch operiert werden sollte. Sie wollte mit ihm wieder nach Hause und als ihn aus unserem Käfig nehmen wollte, rannte er davon - in die Sporthalle nebenan - zu der wir keinen Zugang hatten.
Dank einer «007-verdächtigen» Einfang-Aktion unseres Teams kam der draufgängerische Kater allerdings schlussendlich doch noch zu seiner OP und konnte seiner Besitzerin spät abends wohlbehalten zurückgegeben werden.
Insgesamt war dies eine intensive Kampagne, bei der uns viele unserer medizinischen Hilfsmittel fehlten. Auch war unser Team von Freiwilligen dezimiert, da einige unserer Veterinärstudenten Prüfungen ablegten und wir auch noch mit räumlichen Schwierigkeiten konfrontiert waren, die uns den effizienten Ablauf in Bezug auf die chirurgische Vorbereitung und die postoperative Überwachung erschwerten. Trotz all den Umständen hatten wir keine Komplikationen und alle Patienten haben sich gut erholt. Wir freuen uns auch, dass sich die positiven Ergebnisse unserer Arbeit bei der Bevölkerung herumsprechen und auch die Informations- und Aufklärungskampagnen ihre Wirkung zeigen. Tiere werden nun vermehrt in sicheren Käfigen und Körben, oder immerhin mit praktikabeln Lösungen wie Körben zu den Kastrations-Aktionen gebracht.
Auch eine praktikable Lösung: Ein Herr hat seine Hündin in einer kuschelig gepolsterten Schubkarre vorbeigebracht – er überwachte seine heissgeliebte Hündin liebevoll und ohne Unterbruch nach der Operation - und versicherte uns: „Sie ist mein Leben“.